MilitärUrban Exploration

Medical Train

In den 1950er Jahren begann die Deutsche Reichsbahn mit der Aufstellung einer ganz besonderen Art der Züge. Was sich im 1. Weltkrieg bereits bewährt hatte, wurde nun wieder aufgebaut. Es handelt sich um die, heute relativ unbekannten, Katastrophenzüge.

Die DDR machte damals aus allem was die Politik und das Militär betraf ein Geheimnis. So auch um die Katastrophenzüge. Einigen Behauptungen zufolge waren diese Züge für die zivile Bevölkerung zur medizinischen Erstversorgung gedacht. Doch weshalb dann diese Geheimniskrämerei? Auch für Bahnbetriebsunfälle, Entgleisungen oder sogenannten „Großschadenslagen“ im medizinischen Sinne sollten sie nicht genutzt werden. Heute ist bekannt, dass die Katastrophenzüge keineswegs für die zivile Bevölkerung gedacht waren.

Primär waren die Züge zur medizinischen Absicherung größerer militärischer Übungen auf dem Gebiet der DDR gedacht und bestanden in ihrer Grundform aus 5 Wageneinheiten:
– Maschinenwagen
– Küchenwagen
– OP-Wagen
– 2 Bettenwagen

Hergestellt wurden die ersten 10 Züge (K1 bis K10) in den 50ern. In den 70ern wurden noch einmal 4 weitere gebaut. Zusätzlich wurden für den Ernstfall weitere Wagen beiseite gestellt, sodass die Katastrophenzüge schnell zu einem großen Lazarettzug (erweiterter Katastrophenzug) aufgebaut werden konnten. Dafür konnten im Bedarfsfall sogar Zivilwagen schnell umgebaut werden.
Erkennen konnte, einen solchen Zug, nur ein geschultes Auge, denn von außen waren die Katastrophenzüge als solches nicht zu direkt markiert. Einzig die aufgeschriebene 12-stellige Wagennummer gab den Einsatzzweck preis. Dabei ergab die 7. und 8. Ziffer die Funktion des Wagens an:
32 – Küchenwagen
42 – Bettenwagen (auf Basis Bmh)
44 – Bettenwagen, anfangs auch OP-Wagen
46 – Operationswagen
48 – Funktionswagen
58 – Sonderwagen
64 – Maschinenwagen

Zusätzlich dazu wies die 10. Ziffer den klaren Zweck als Katastrophenzug aus. Diese Ziffer war immer eine 6.

An der 9. Ziffer erkannte man die zuständige Reichsbahndirektion des Katastrophenzuges:
1 Rbd Berlin
2 Rbd Cottbus
3 Rbd Dresden
4 Rbd Erfurt
5 Rbd Greifswald
6 Rbd Halle
7 Rbd Magdeburg
8 Rbd Schwerin

Insgesamt wurden 14 Katastrophenzüge aufgestellt, welche komplett in der DDR verteilt waren:
K1 – Seddin
K2 – Seddin
K3 – Frankfurt (Oder)
K4 – Angermünde
K5 – Pasewalk
K6 – Löbau
K7 – Halle
K8 – Radebeul
K9 – Leipzig
K10 – Cottbus
K11 – Schönermark
K12 – Falkenberg
K13 – Karl-Marx-Stadt
K14 – Jerichow

Übrigens – um den Urbex-Fakor hier zu steigern- gab es einen Lazarett-Zug mit der Bezeichnung „D1072“ der aus mehreren Wagen der Katastrophenzug-Flotte bestand. Dieser Zug verkehrte regelmäßig zwischen Beelitz-Heilstätten und Brest (heute Weißrussland). Auch bis weit hinein in die Nachkriegsjahre wurden, über diese Verbindung, Kriegsverwundete der sowjetischen Armee nach Hause transportiert. Letztmalig verkehrte der Zug im Jahre 1993, kurz bevor der russische Truppenabzug 1994 vollendet wurde.

Der Abbau des Katastrophenzugbestandes in der DDR begann schon 1990. Die Aufträge wurden noch während der Bearbeitung gestoppt. 1992 wurden 3 technisch und medizinisch vollausgestattete Katastrophenzüge (K5, K7 und K8) nach Ungarn überstellt. Sie sollten dort an der jugoslawischen Grenze als mobiles Lazarett für Bürgerkriegsflüchtlinge zum Einsatz kommen. Nach heutigem Kenntnisstand haben die Züge die ungarische Grenze allerdings nie verlassen.

1994 wurden zwei weitere Katastrophenzüge (wahrscheinlich K1 und K2) inklusive Sonderwagen nach Ungarn übergeben. Nach dem Ende des Bürgerkriegs auf dem Balkan wurden weitere einzelne Wagen nach Ungarn geführt die wohl noch heute als Obdachlosen-Asyl in Budapest genutzt werden.

In Deutschland blieben bis heute nur wenige Wagen erhalten. Einen vollständig erhaltenen Zug gibt es meines Wissens nach überhaupt nicht. Vereinzelt kann man Teile der Katastrophenzüge auf den Geländen der Eisenbahn-Enthusiasten finden.

Ich habe an einen sonnigen Sommertag die Eisenbahnfreunde in Stassfurt besucht. Hier wird mit viel Liebe ein alter Katastrophenzug restauriert und für die Nachwelt erhalten. Dieser Zug kann unter Anmeldung besucht werden. Die Eisenbahnfreunde Stassfurt freuen sich auch jederzeit über eine Spende um den Katastrophenzug weiterhin zu restaurieren. Generell ist das Gelände für jeden Eisenbahn-Enthusiasten zu empfehlen, denn in Stassfurt sehen noch weitere historische Wagen die sich derzeit in der Restauration befinden.

Abschliessend gibt es einen kurzen Zusammenschnitt aus dem Inneren des K-Zuges und ein paar Bilder.

Ich habe mich versucht kurz zu halten, in diesem Beitrag. Wenn ihr mehr über die Katastrophenzüge erfahren wollt, dann schaut doch mal auf die folgenden Seiten vorbei:

Wenn ihr etwas mehr erfahren wollt, als ich in meinem Beitrag geschrieben habe, sollte sich die Seite von Thomas Lindberg einmal anschauen.

Und wer die wirklich volle Ladung an Wissen zum Thema „Katastrophenzüge“ haben will, der schaut doch einmal hier bei Burkhardt Köhler vorbei. Wer hier sein Wissensdurst nicht stillen kann, der kann es nirgendwo.

Ein Gedanke zu „Medical Train

  • Sehr interessant, dass es früher Katastrophenzüge gab. Wie ein fahrendes Krankenhaus. Ausgestattet mit Bettenwagen, Funktionswagen, usw.

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